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Kaninchen und Nagetiere

Die Fütterung von Kaninchen und Nagetieren stellt mit zunehmendem Angebot ein immer größer werdendes Problem dar. Die meisten Fertigfutter für Heimtiere sind mehr auf Kommerz als auf Bedarf ausgerichtet. Die Inhaltsstoffe entsprechen nur selten den artgerechten Erfordernissen. Die Energie- und Mineralgehalte (besonders Calcium) sind zu hoch, die Rohfaser- und Strukturgehalte deutlich zu niedrig. Nicht die Inhaltsstoffe bestimmen die Farbe, sondern Farbstoffe, um den Kunden „Kind“ mehr anzusprechen. Zahn-, Verdauungs- und Verhaltensprobleme sind die Folge.

Die Zähne wachsen beim Kaninchen lebenslang zwischen 1 und 1,8 mm pro Woche und werden bei artgerechter Fütterung auch entsprechend abgerieben, d.h. die Zahnlänge ist im Normalfall annähernd konstant. Ursache für überlange Zähne sind genetisch bedingte Zahnfehlstellung und Haltungs- und Fütterungsfehler. Wichtig für den Zahnabrieb ist die Konsistenz der Nahrung (ihr Rohfasergehalt, optimalerweise um 18%) und die Dauer der Futteraufnahme. Fertigfutter ist viel zu weich, um Zähne abnutzen zu können, enthält viel zuviel Energie und ist so viel zu schnell gefressen, sodass die Tiere den Rest des Tages Langeweile haben. Zudem fördert eine Haltung in Plastik- oder Metallkäfigen ohne ausreichendes Angebot an Nagematerial, im Gegensatz zu Haltung in Holzkäfigen, die Entstehung von Zahnproblemen. Hinweise darauf sind zögernde Futteraufnahme, Abmagerung und Speichelfluss.

Bitte denken Sie daran, dass Kaninchen ständig Zugang zum Futter haben müssen, d.h. 24 Stunden am Tag. Da die Muskulatur im Magen-Darmtrakt sehr dünn ist, muss ständig Nahrung nachgeschoben werden. Deshalb dürfen Kaninchen auch vor Operationen nicht hungern und sollen möglichst bald danach wieder fressen. Bei Hungerperioden (schon ab 8-24 Stunden) kommt es zum Ruhen der Nahrung im Darm und somit zu gefährlicher Fehlgärung und zur Entgleisung der Darmflora, die unter Umständen sogar tödliche Folgen haben kann. Da die Blinddärme, die oft ein Drittel des Bauchraums ausfüllen, der Celluloseverdauung dienen, sind Kaninchen ständig auf rohfaserreiches Futter angewiesen. Ihr Verdauungstrakt ist weder für Körner noch für Joghurtdrops geeignet. Die Hauptfutteraufnahme erfolgt bei Kaninchen in den späten Nachmittags- und Abendstunden (19-3 Uhr). Aber auch tagsüber wird Futter aufgenommen.

Um die Nahrung optimal verwerten zu können, nehmen Kaninchen einen Teil ihres Kots (den Blinddarmkot oder Koprophage) wieder auf. Diese Koprophagie ist für das Kaninchen lebensnotwendig. Der Blinddarmkot wird meist in den Nachtstunden abgesetzt und direkt vom After wieder aufgenommen. Er ist weicher und deutlich kleiner geformt als der übrige Kot. Wird Blinddarmkot im Käfig gefunden (häufig Verwechslung mit Durchfall), ist dies ein Hinweis dafür, dass das Kaninchen entweder zu dick ist, um sich zu drehen, oder Wirbelsäulenprobleme hat (oft bei Haltung in zu niedrigen Käfigen).

Das häufige Auftreten von Harngrieß und Harnsteinen bei Kaninchen wird auf eine Besonderheit im Calcium-Stoffwechsel dieser Tiere zurückgeführt. Steigt der Calcium-Gehalt im Futter, wird die Calcium-Absorption aus dem Darm nicht reduziert, sondern forciert. Überschüssiges Calcium wird über die Nieren mit dem Harn ausgeschieden (renale Elimination). Insbesondere bei unzureichender Flüssigkeitszufuhr kommt es zur Konzentrierung des Harns und somit zum Auftreten eines „kreidigen“ Harns sowie zur Harnsteinbildung. Eine Calciumüberversorgung kann vermieden werden durch Verzicht auf calciumreiche Futtermittel (z.B. Luzerneheu, Alleinfuttermittel mit einem Gehalt über 5-6 g Calcium / kg Futter) und ausreichende Wasserversorgung. Je gröber das Futter bzw. je länger die Struktur der pflanzlichen Fasern, umso höher ist der für die Futteraufnahme benötigte Zeitaufwand, um keine Verhaltensstörungen infolge Langeweile aufkommen zu lassen. Die Ernährung für Kaninchen sollte 15-24 % Rohfaser, 12-17 % Rohprotein und 3 % Rohfett beinhalten.

Grundsätzlich sollte der Futterplan für Kaninchen wie folgt aussehen:

>Wasser: in Schälchen oder Flasche, täglich frisch
>Hauptnahrungsquelle Rohfaser: gutes Heu (kein Luzerneheu) in einer Raufe ständig zur Verfügung, Stroh zur Einstreu (lebensnotwendig für die Verdauung) Es dient der mikrobiellen Verdauung im Dickdarm, der Beschäftigung und dem Abtrieb der Zähne.
>Grün- und Nassfutter: Salat und Gemüse, gelegentlich Obst. Frisches Grünfutter kann und sollte jederzeit gefüttert werden. Wichtig sind die Regelmäßigkeit der Fütterung (Gewöhnung) und die Qualität des Futters. Ist nicht jeden Tag frisches Grünfutter verfügbar, muss jeweils wieder mit sehr kleinen Mengen begonnen werde, um Fehlgärungen zu verhindern. Welkes, schimmeliges oder faules Grünfutter darf nie gefüttert werden. Grünfutter kann nass oder trocken gefüttert, aber immer frisch. Grünfutter sollte daher nie in Plastikbeuteln aufgehoben werden und es sollte Raumtemperatur haben.
>Nagematerial: Zweige von Obstbäumen, etc. sollte immer zur Verfügung stehen (keine industriell hergestellten –> nicht sinnvoll). Handelsübliche Nagesteine sollten nicht verwendet werden, da sie zu weich sind und zu calciumhaltig –> Risiko der Harnsteinbildung.
>Kraftfutter, Mischfutter oder Leckerbissen (z.B. Joghurtdrops) sollten vermieden werden à kaum Nährwert, zu hoher Fett- und Energiegehalt. Die Energieüberver-sorgung führt zur Verfettung der Tiere.

Nachfolgend eine Liste v. mehr oder weniger guten/schlechten Futtermitteln:

Geeignet, aber nur frisch füttern und nicht in Plastiktüten aufheben:
>Gemüse: Chicoree, Eisbergsalat, Endiviensalat, Feldsalat, Möhrengrün, Kopfsalat, Paprika, Tomate, Zucchini
>Kräuter: Ackerdistel, Basilikum, Bohnenkraut, Breitwegerich, Brunnenkresse, Estragon, Huflattich, Kerbel, Kümmel, Majoran, Melde, Melisse, Oregano, Schafgarbe, Sitzwegerich, Vogelmiere, Zaunwicke

Geeignet, aber nur als Leckerbissen:
>Gemüse: Chinakohl, Möhre, Pastinake, Salatgurke, Spargel, Stielmus, Topinambur
>Obst: Apfel, Birne, Brombeere, Erdbeere, Heidelbeere, Himbeere, Johannisbeere, Preiselbeere, Traube

Bedingt geeignet, d.h. nur in geringen Mengen, wg. des hohen Calciumgeh.:
>Luzerne, Weißklee, Löwenzahn, Petersilie, Kohlrabiblätter

Begingt geeignet, d.h. nur in sehr geringen Mengen:
>Kräuter: Brennnessel, Hagebutte, Liebstöckel, Pfefferminze
>Gemüse: Pilze (Zuchtpilze), Austernpilze, Birkenpilze, Butterpilze, Champignon, Morchel, Pfifferling, Steinpilz, Trüffel
>Obst: Aprikose (Vorsicht Blausäure), Banane (stopft), Marone, Pfirsiche, Rosinen (nur ungeschwefelt);viel Vitamin C (bei größerer Menge Durchfall): Ananas (viel Vitamin C), Feige, Grapefruit, Kirsche, Kiwi, Kürbis, Mandarine, Melone, Orange
>Getreide, Nüsse: Gerste, Hafer, Mais, Roggen, Weizen

Ungeeignet, da entweder schädlich, giftig oder kalorienreich:
>Gemüse: Artischocke, Aubergine, Blumenkohl, Bohne, Broccoli, Erbse, Grünkohl, Kartoffel, Knoblauch, Mangold, Meerrettich, Radieschen, Rettich, Rosenkohl, Rote Bete, Rotkohl, Sojabohne, Spinat, Weißkohl, Wirsing
>Kräuter: Beifuss, Gänseblümchen, Arnika, Bärenklau, Baldrian, Beinwell, Garten-kresse, Johanniskraut, Lavendel, Lorbeer, Lungenkraut, Rosmarin, Salbei, Sauer-ampfer, Schnittlauch, Sonnenblume, Thymian, Wermut
>Obst: Avocado, Dattel, Holunder, Kokosnuss, Mango, Pflaume, Rhabarber, Stachelbeere, Zitrone
>Getreide, Nüsse: Hirse, Leinsamen, Sonnenblumenkerne, Sesam, CashewNuss, Erdnuss, Haselnuss, Paranuss, Pinienkerne, Walnuss